Saturday, October 2, 2010

German special: Fitschen interview

ksta: Herr Fitschen, vor vier Jahren holten Sie bei den Leichtathletik-Europameisterschaften mit einem grandiosen Schlussspurt völlig überraschen den Titel. Erinnern Sie sich noch an den Moment, an dem Sie an den beiden Spaniern vorbeizogen?
Jan Fitschen: Ich konnte das gar nicht fassen, dass die Spanier nun nicht mehr dagegen halten. Ich habe immer gedacht: oh Gott oh Gott, gleich kommt noch ein Konter, da muss doch bei denen auch noch mehr gehen. Ich habe mich zwischendurch nochmal umgeschaut, habe schon 50 Meter vor dem Ziel kurz gejubelt. Dann fiel mir aber ein: Oh, es sind ja noch 50 Meter. Wer weiß, was noch passiert.

ksta: Wie lange haben Sie gebraucht, um diesen Erfolg zu realisieren?

Jan Fitschen: Das das hat dann nicht nur die Zielgerade und die Ehrenrunde, sondern noch ein paar Monate länger gedauert.

ksta: Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute auf diesen großen Erfolg zurück?

Jan Fitschen: Dieses Gefühl, das man damals hatte, kann man gerade bei solchen Fernsehaufnahmen wieder in sich aufnehmen und mit fiebern. Insgesamt war das alles eine super Erfahrung und ich bin froh, dass ich alles mitmachen konnte und durfte.

ksta: Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten sportlichen Versuche?

Jan Fitschen:Ich habe schon relativ viel ausprobiert. Das fing ganz klassisch an. Mit meinen drei Geschwisterchen waren wir beim Kinderturnen und dann ging das so weiter. Ein bisschen Geräteturnen, ein bisschen Basketball, auch mal Badminton, drei, vier, fünf Jahre auch mal Fußball. Dann bin ich eben auch bei der Leichtathletik gelandet und per Zufall auch an den richtigen Mann geraten. Wolfgang Resinger war schon 1972 bei den Olympischen Spielen in München über 5000 Meter am Start war. Der hat mich angeguckt und gesagt: Kleines schmales Würmchen, also da machen wir keinen Kugelstoßer draus.

ksta: Sie trainieren zweimal täglich, laufen bis zu 200 Kilometer die Woche. Viele Menschen würden Sie für verrückt erklären. Macht das Training wirklich so viel Spaß?

Jan Fitschen: Nein, natürlich nicht immer. Harte Tempoeinheiten oder Läufe im Regen sind nicht immer toll. Aber jedes Mal, wenn man das überwunden hat, wenn man das Training abgerissen hat - dann kommt man einfach nach Hause und hat so eine innere Befriedigung, eine Erleichterung. Du weißt einfach: „Ich habe mir etwas Gutes getan, ich bin meinem Ziel ein Stückchen näher gekommen."

ksta: Dafür muss man im Alltag aber diverse Einschränkungen hinnehmen. Macht Ihnen das nichts aus?

Jan Fitschen: Und auch wenn man manchmal meint, dass auf sehr vieles verzichtet werden muss wie eben die Party oder mit den Freunden ausgehen. Ich kann nur sagen, dass es sich total lohnt, weil diese Leute die man kennenlernt, diese Trainingslager die man machen darf, das was man von der Welt sieht, wenn man wirklich ein bisschen weiterkommt. Das ist so toll. Ich glaube, die Chance hat man nie wieder. Und dafür lohnt es sich auf jeden Fall zu kämpfen.

ksta: Es scheint so, als seien Sie vollkommen zufrieden.

Jan Fitschen: Ich habe viel viel mehr erreicht in meiner Laufkarriere, als ich eingeplant hatte. Ich habe immer gedacht: bei den Deutschen Meisterschaften mitmachen, wunderbar. Und dann bin ich auf einmal Europameister geworden, ein riesen Ding. Ich könnte auch jetzt sagen: Hey prima, ich höre auf, wäre super happy, wäre super zufrieden.

ksta: Aber das machen Sie nicht. Sie wechseln von der Tartanbahn auf die Straße…

Jan Fitschen: Ja, jetzt bin ich 33 Jahre alt und das letzte große Laufabenteuer, das mich noch erwartet und mich reizt ist der Marathon. Ich habe häufig zugeschaut, meinen Bruder und meinen Trainer angefeuert. Auch viele Trainingskameraden von mir haben es probiert. Und jetzt bin eben ich dran und ich glaube, dass ich es ganz gut schaffen kann.

ksta: Was haben Sie sich für die Marathondistanz vorgenommen?

Jan Fitschen: Ich gucke einfach wie das klappt. Ich glaube ich kann da auch sehr sehr gute Resultate abliefern. Aber wenn es nun nicht klappen sollte, werde ich nicht verbittert sein oder sonst irgendetwas. Ich denke optimistisch. Ich glaube, dass es richtig gut klappen wird und wenn nicht, dann halt nicht. Aber erstmal werde ich dafür kämpfen, dass es gut hinhaut.

ksta:Auf dem Weg zur Marathondistanz ist der Kölner Halbmarathon ihre erste Station. Warum haben Sie sich gerade für diese Distanz entschieden?

Jan Fitschen: Dieses Jahr war eine Übergangssaison für mich. Nach der EM 2008 und meiner langen Verletzungsphase passte es einfach optimal in meinen Terminkalender. Ich wollte schon immer mal einen Marathon ausprobieren. Natürlich ist ein gutes Training immens wichtig. Deshalb probiere ich jetzt ersteinmal den Halbmarathon aus; sozusagen als Vorbereitung für meinen ersten Marathon im kommenden Frühjahr. In Köln habe ich die Chance unter Wettkampfbedingungen zu testen. Es ist ja immer etwas anderes, ob man auf der Straße einen Halbmarathon absolviert, oder eben auf der Tratanbahn als längste Wettkampfstrecke die 10 000 Meter.

ksta: Was ist denn ihr Ziel für den Halbmarathon in Köln?

Jan Fitschen: Ich gehe das Rennen ganz locker an. Ich habe dort keinen Riesendruck, weil es auch kein Weltklassefeld ist, in dem ich starte. Ich freue mich einfach auf das Rennen und hoffe, dass viele Zuschauer an der Strecke sind, die mich unterstützen. Wenn ich Schwierigkeiten im Rennen bekomme, hoffe ich, dass die Zuschauer dafür sorgen, dass ich gut ins Ziel komme.
 
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