Tuesday, September 14, 2010

This weekend: Tübingen city classic 7.5k

The Kenyan crew getting race ready at the invitational training run in the city forest. Also starring: David Rudisha.

Organizer reports - click HERE to translate

Vermutlich war es reiner Zufall, aber einen passenderen Platz hätte sich Isabelle Baumann nicht aussuchen können. Baumann ist bei den Stadtlauf-Veranstaltern für die Athletenakquise zuständig, seit Jahren versüßt sie das Teilnehmerfeld der Tübinger Straßenhatz mit den besten deutschen Ausdauerathleten, vermutlich hatte sie gar also gar nicht anders gekonnt, als bei der Pressekonferenz am Freitag hinter all den schönen Fotos der vornehmlich afrikanischen Weltklasseläufer Platz zu nehmen, die in den vergangenen Wochen beim Stadtlauftraining vorbeigeschaut hatten. Während 800-Meter-Weltrekordhalter David Rudisha im Hintergrund in die Kamera lächelte, stellte Baumann ihr diesjähriges Aufgebot vor, sprach von „einem Podium für die deutsche Spitze“.

Baumann würde natürlich liebend gerne nicht nur die deutsche Spitze, sondern auch denen einen oder anderen afrikanischen Läufer aus der Weltspitze beim eigentlichen Höhepunkt, dem Stadtlauf, begrüßen. Die rämliche Nähe ist ja vorhanden, die Afrikaner residieren im Sommer für die meiste Zeit in der Läufer-WG in der Tübinger Mallestraße, der ehemalige Weltmeister Bernad Lagat hat sich in Lustnau sogar ein Haus gekauft. Baumann musste allerdings feststellen, dass es preislich doch ein Unterschied ist, ob die Wahl-Tübinger beim Stadtlauftraining ein paar Meter durch die Wälder auf dem Sand joggen oder mit Vollgas durch die Tübinger Gassen hetzten. Also die deutsche Spitze.

...internationale Spitze...

Die hetzt aber sehr gerne durch die Tübinger Altstadt. „Bei vielen muss ich gar nicht mehr anfragen“, sagte Baumann, der Tübinger Stadtlauf habe sich „als schöner Saisonabschluss“ im Kalender der deutschen Könner etabliert. Zugpferd in diesem Jahr ist der Berliner Carsten Schlangen, mit dessen Zusage hatten sie nach seinem Silber-Spurt im 1500-Meter-Finale der Europameisterschaft in Barcelona schon gar nicht mehr gerechnet. Christian Glatting (Wattenscheid) war in diesem Jahr Deutscher Meister über die 10.000 Meter und EM-Neunter, Jan Fitschen (ebenfalls Wattenscheid) gewann 2006 über dieselbe Strecke sogar Gold. Harte Konkurrenz für Lokalmatador und 5000-Meter-Ass Arne Gabius von der LAV Asics Tübingen, der die Strecke aber bestens kennt und als Vorbereitung auf die 7,5 Kilometer sogar ein paar längere Läufe in sein Trainingsprogramm eingebaut hat. Auf die kenianische Konkurrenz wie Vorjahressieger Patrick Kimeli, der gerade erst in die Straßenlaufsaison eingestiegen ist, kann sich aber auch Gabius nur bedingt vorbereiten. „Ich hoffe mal, dass wir lange zusammenbleiben“, sagte Gabius, der bei beim Pressegespräch am Freitag den eigentlichen Hauptdarsteller Carsten Schlangen vertrat. Schlangen arbeitet derzeit mit Hochdruck an seiner Diplomarbeit.

Bei den Frauen ist die Konstellation ähnlich wie bei den Herren. Simret Restle (Kassel) und die Deutsche Jugendmeisterin Annika Frank (LAV) haben starke Konkurrenz aus Kenia, die Deutsche Juniorenhoffnung Corinna Harrer aus Regensburg läuft ebenfalls mit, auch wenn ihr Trainer das gar nicht so gerne sieht. Auch die übrigen Läufe sind wieder völlig ausgebucht, allerdings „erst“ seit Anfang der Woche. „Wir haben uns dieses Jahr etwas schwer getan, wie alle Läufe“, gab Organisatorin Gabriele Ulrich zu. Am 19. September werden aber wie gewohnt rund 2500 Läufer durch Tübingen rennen, auch sonst läuft alles so geschmiert wie immer, dazu gibt es eine Zugabe der Veranstalter: Die Läufer aus der Umgebung können sich in diesem Jahr ihre Startunterlagen schon am Samstag von 16 bis 18 Uhr in der Uhlandhalle abholen. „Wir sind fast etwas zu entspannt“, sagte Ulrich, während Tochter Emma auf dem Schoß ein Bild malte. Natürlich war das ein Späßchen, aber es schwang auch ein wenig Ernst mit.

Nach Jahren der Kontinuität könnten den Stadtlauf-Organisatoren schon recht bald größere Veränderungen bevorstehen. Sponsoren wie die Zinser-Werbegemeinschaft überweisen den Stadtlauf-Machern seit Jahren einen großen fünfstelligen Betrag, das könnte sich in Zeiten schrumpfender Sponsorenetats durchaus ändern. Als am Freitag irgendjemand von „sinkenden Budgets“ sprach, runzelte Karl-Frieder Graul, Sprecher der Werbegemeinschaft Zinser-Dreieck, die Stirn. Graul betonte zunächst einmal, „dass wir 17 Jahre als Partner dabei sind“ (bei 17 Stadtläufen insgesamt, Anm.), klare Versprechen für die kommenden Jahre gab er nicht. Nur so viel: „Wir werden alles dafür tun, dass der Betrag gleich bleibt.“

...Baumann und Gabius bei der PK.

Wesentlich zuversichtlicher klang Helmut Treutlein, Rektor der Pestalozzischule, Sozialpartner des diesjährigen Stadtlaufs. Treutlein erhofft sich einiges von den Spendeneinnahmen (die Läufer können z.B. ihre Chipkaution nach dem Lauf dem Sozialpartner überlassen), er braucht dringend Geld für den Umbau seines tristen Pausenhofs in ein bewegungsfreundliches Umfeld für die Sonderschüler. Im Gegenzug schickt Treutlein einige Schülerstaffeln ins Rennen („sechs Wochen Vorbereitung müssen reichen“) und wird Tombolapreise im Wert von rund 3000 Euro unter die Leute bringen: Fahrräder, Elektronik, Eintrittskarten für Spiele der Bundesliga-Basketballer.

Wer auf die sportliche Unterhaltung nicht bis zum Basketball-Bundesligaauftakt warten will, kann sich bereits am kommenden Dienstag mit Dieter Baumann für den Stadtlauf aufwärmen. Ab 20 Uhr präsentiert der Olympiasieger sein Kleinkunstprogramm „Körner, Currywurst, Kenia“ im D.A.I.-Tübingen. Baumann verspricht einen „lustigen Abend, die Leute sollen sich überraschen lassen.“ Übrigens sein erster Auftritt vor heimischer Kulisse – kaum zu glauben, wenn man bedenkt dass Baumann schon rund 80 Auftritte hinter sich hat, von Bonn über Chemnitz und Ipsheim bis Ravensburg. Auf der Bühne, die er Sonntag betritt, kennt er sich dann aber noch ein wenig besser aus. Auch er wird beim 17. Tübinger Stadtlauf wieder dabei sein.
 
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